Handlungsaufträge an die Politik für eine erfolgreiche Wirtschaftsregion Böblingen
Bild: Dr. Florian Toncar, MdB
Die Wirtschaftsregion Böblingen gehört zu den wirtschaftlich dynamischsten Regionen Deutschlands. Sie belegt seit Jahren deutschlandweite Spitzenplätze in einschlägigen Rankings zur Wirtschaftskraft und Lebensqualität. Das war jedoch nicht immer so: Der wirtschaftliche Aufstieg der Region hängt eng mit der Industrialisierung zusammen, aber auch mit unserer Mentalität: Dem sprichwörtlichen schwäbischen Fleiß, dem Erfindergeist, der positiven Einstellung zum Unternehmertum. Bei den Menschen in der Region sind genau die Einstellungen tief verwurzelt, die es uns ermöglichen, wirtschaftliche Chancen zu erkennen und zu nutzen.
Entsprechend sind wir sind eine Hightech-Region, die zum Vorreiter bei technischen Entwicklungen geworden ist. Das gilt gerade für die Automobilbranche, inklusive der vielfältigen Zulieferindustrie, welche die Region besonders prägt, aber auch für die Informationstechnologie und viele weitere Branchen. Bei meinen Firmenbesuchen vor Ort bin ich regelmäßig beeindruckt von ihrer Innovationsfähigkeit: Immer wieder merke ich, wie gut die Unternehmen in der Region sich auf die Digitalisierung ihrer Geschäftsfelder verstehen.
Dass all dies nicht nur meine subjektiven Eindrücke sind, belegt eine Studie der Contor GmbH, die Unternehmen bei der Standortwahl berät, aus dem vergangenen Jahr: Von 1342 untersuchten EU-Regionen belegt der Kreis Böblingen den elften Platz in der Rangliste der Regionen, die sich am besten als Standort für Hochtechnologieunternehmen eignen. Die Untersuchung bescheinigt dem Kreis unter anderem eine immense Produktivität des Verarbeitenden Gewerbes, hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung und ein sehr hohes Bildungsniveau in der Bevölkerung.
Ich bin der Überzeugung, dass die Verbindung von industrieller Stärke, Hightech und leistungsorientierten Tugenden der Wirtschaftsregion Böblingen auch in Zukunft die besten Entwicklungschancen bietet. Als Bundestagsabgeordneter treibt mich aber die Frage um, was wir in der (Bundes-)Politik machen können und müssen, um diese Entwicklung zu fördern. Die folgenden drei Beobachtungen sind dabei für mich am wichtigsten:
Erstens: Wir können uns mit Fug und Recht als Globalisierungsgewinner sehen. Kaum eine Region in der Welt profitiert so von offenen Märkten und der Globalisierung wie der Kreis Böblingen.
Das bedeutet aber gleichzeitig, dass uns Abschottungstendenzen empfindlich treffen können und sorgen müssen, die sich etwa im Zuge des Brexits und der Konflikte zwischen den USA und ihren Handelspartnern Bahn brechen. Dass die bestehenden Absatzmärkte der Firmen in der Region offen bleiben und gar neue Absatzmärkte erschlossen werden können, ist nicht selbstverständlich. Ein aktuelles Beispiel ist der Streit um die Digitalsteuer: Sollten Deutschland oder die EU einseitig eine solche Abgabe einführen, die besonders auf die US-Digitalkonzerne abzielt, drohen Vergeltungsmaßnahmen, die unsere exportorientierte Wirtschaft hart träfen. Der Auftrag an die Bundespolitik ist daher eindeutig: Statt weiteren Handelskriegen brauchen wir neue Initiativen für Freihandel.
Zweitens: Wir bleiben nur dann wirtschaftlich stark und auf der Höhe der technologischen Entwicklung, wenn wir genügend qualifizierte Fachkräfte haben. Das legt den Fokus auf das Bildungssystem, wo speziell die berufliche Bildung stärker gefördert werden muss. Hier brauchen wir insbesondere eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung analog zur Exzellenzinitiative für Hochschulen sowie einen Ausbau der digitalen Berufsbildung.
Aber auch international müssen wir uns um die besten Talente bemühen. Dazu ist ein modernes Einwanderungsgesetz nötig, das es gerade für junge Fachkräfte attraktiv macht, sich in Deutschland niederzulassen.
Drittens: Spitzenforschung fällt nicht vom Himmel, und die internationale Konkurrenz schläft nicht. Deshalb muss die Bundesregierung deutlich mehr Geld für Forschung und Innovation bereitstellen. Das gilt insbesondere für Spitzentechnologiebereiche wie Künstliche Intelligenz.
Neben der herkömmlichen Projektförderung brauchen wir auch ein System unbürokratischer steuerlicher Forschungsförderung, so dass Unternehmen einen Teil ihrer Aufwendungen für Forschung und Entwicklung als Steuergutschrift erhalten. Das würde es insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen erleichtern, in Innovationen zu investieren.
Fassen wir zusammen: Die Wirtschaftsregion Böblingen zeichnet sich durch industrielle Stärke auf höchstem technologischen Niveau aus und ist geprägt von einer Mentalität der Innovations- und Leistungsbereitschaft. Dies sind beste Voraussetzungen dafür, wirtschaftliche und technologische Wandlungsprozesse auch in Zukunft ausgezeichnet zu meistern. Dazu bedarf es jedoch politischer Rahmenbedingungen, die internationale Absatzmärkte, qualifizierte Fachkräfte und Spitzenforschung gewährleisten und ermöglichen. Daraus ergeben sich klare Handlungsaufträge für die politischen Vertreterinnen und Vertreter vor Ort: Ermöglichen wir es der Region, ihre wirtschaftliche Stärke zu bewahren und auszubauen. Das sind wir unseren Wählerinnen und Wählern schuldig.