"Das ist doch richtig dumm was wir gerade machen!“ Der Satz hat sich fast schon eingebrannt in meinem Kopf. Nicht dass es von Anfang an mit unserem Start-Up zu tun hatte. Er ging mir so oft in diversen Praktika durch den Kopf. Das war gar keine böse Absicht, aber in den alteingesessenen Unternehmen waren viele Prozesse so eingefahren, dass viele gar nicht mehr über deren Sinn nachdachten. So zählte eine lange Anwesenheit oft mehr als das Ergebnis der Arbeit. Das führte dann dazu, dass Beziehungen wichtiger waren als gute Arbeit. Die sind im Leben auch wichtig, aber mich motivierte das Ergebnis einfach mehr. Deswegen wollte ich für mich eine andere Möglichkeit wählen.
Die Selbstständigkeit ist daher für mich der Weg zur beruflichen Freiheit. Denn hier sind nur Ergebnisse wichtig. Bei guter Arbeit erntet man die Früchte und bei schlechter Arbeit eben die Missernte. Risiken? Die gibt es sicherlich. Doch die eigene Bereitschaft Dinge zu tun, ist eine andere: Lernt man die Geige eher, wenn man selber es will? Oder wenn die Eltern einen gezwungen haben? Solange man sich mit dem identifiziert, was man tut, kann man fast alles schaffen.
Das zum Hintergrund. Der Wille zur Selbstständigkeit war also schon immer da. Doch die Idee „oyá“ kam erst im Frühjahr 2015. Schaut man sich Filme über Gründer an, so sieht man oft, dass wie aus dem nichts ein Geistesblitz eintrifft. So ähnlich war das bei mir auch, nur dass es keine 100 Filmminuten dauerte ?
Ich habe während meines Studiums sehr viel Sport betrieben und mir Smoothies selbst gemixt. Oftmals nach Rezepturen aus dem Internet, die einem großes Muskelwachstum, Six-Pack und ähnliches versprachen. Doch irgendwann hielt ich inne und fragte mich: Warum mache ich mir einen Smoothie? Was brauche ich? Liefern mir diese Früchte das, was ich brauche? Und das war der Geistesblitz: Ich recherchierte und analysierte die Smoothies auf dem Markt. Warum kauft man sich Smoothies? Wegen des natürlichen Gesundheitshintergrunds. Wäre es rein nach dem Geschmack, hätte man sich auch Orangensaft kaufen können. Wäre es nur wegen des Gesundheitsgedankens, hätte man auch künstlich zugesetzte Vitamingetränke konsumieren können. 1998 entstand das erste europäische Smoothie-Unternehmen „innocent“. Seit 2007 gibt es mit True Fruits auch die ersten „deutschen“ Smoothies. Doch bisher gab es keine Smoothies, die den Zweck erfüllen aus dem sie normalerweise gekauft werden. Das bemerkenswerte ist, dass die meisten Konsumenten sich darüber überhaupt keine Gedanken machen. Und das war der Punkt, an dem ich mir dachte: Das ist unsere Gelegenheit, das ist die Nische. Dadurch entstand die Idee Smoothies zu entwickeln, die maßgeschneidert sind für den geschlechtsspezifischen Nährstoffbedarf oder auch einfacher gesagt: Leckere Smoothies kann sich jeder mixen. Doch wir wollten Smoothies entwickeln, deren Zutaten auch wirklich das liefern, was Mann und Frau brauchen. Im Anschluss erzählte ich die Idee direkt meinen langjährigen Freunden. Wir alle waren überzeugt davon und es dauerte 2 ½ Jahre bis wir die ersten fertigen Smoothies in der Hand zu hielten.
Parallel dazu floss ein anderer, persönlicher Gedanke in unser Geschäft ein. Wir saßen oftmals nach harten Arbeitstagen bei einem Bier zusammen und philosophierten über die gesellschaftlichen Probleme wie Radikalisierung, Oberflächlichkeit und den Rückgang kultureller Werte. Worin liegt die Ursache, fragten wir uns. Nach hitzigen Debatten kamen wir zu dem Ergebnis: Es liegt an kulturell bedingten Missverständnissen. So naiv wie wir waren, wollten wir das in unser Unternehmen mit einfließen lassen. Dadurch kamen wir auf die Idee „oyá“: oyá bedeutet in der Sprache der Maidu-Indianer „Medizinmann“. Dieser Tatsache folgend, erzählt jede unserer Flaschen unterschiedliche Legenden bzw. kulturelle Gegebenheiten über die Maidu-Indianer. Zukünftige Produkte sollen dann oyá Maya, oyá Inka, oyá Azteken, Yoruba, Germanen, … heißen, sowie typische Zutaten aus den jeweiligen Regionen enthalten und deren Geschichten erzählen. Somit wollen wir die Welt geschmacklich und kulturell abbilden – bei bleibendem, gesundheitlichen Hintergrund.
Retten wir die Welt damit? Sicherlich nicht. Also warum machen wir es dann? Wir sehen es als unseren Beitrag, ein Kontra gegen die von uns identifizierten Problematiken und deren Ursachen zu geben. Wir hätten auch lustige Sprüche oder etwas anderes, unterhaltendes als Mehrwert bieten können. Doch was bringt es unseren Kunden, außer dass bei uns die Kassen klingeln? Und wer meint, dass solche Kleinigkeiten nichts bewirken, dem empfehle ich die Überlegung vom Dalai Lama: „Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist.“
Unsere naive Idee ist es, eine Bewegung zu schaffen, in der „Intelligenz“ das neue „Sexy“ ist. Nicht der, der am frühesten zu rauchen anfängt, sollte der „Coolste“ sein sondern der, der am meisten weiß. Wissen und insbesondere das kulturelle, sollte im Vordergrund stehen, denn Dekadenz ist das Ende allen Seins.
Auch wenn die Idee naiv ist: Ist sie erstmal gedacht, so ist sie auch machbar. Das ist das, was uns aufrecht hält und auch weiterhin aufrecht erhalten wird.
Sahin Güzel
Das oya Gründer Team: v.l.n.r. Andreas Bowsunowski, Sahin Güzel und Kainat Dakmaz