Die Businesswochen für die Region BB starten am 14.10.2024

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Interview

Markus Linha Innenhof

Volker Siegle, Organisator der Businesswochen für die Region BB, im Gespräch mit Markus Linha, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Böblingen und verantwortlich für das Firmenkundengeschäft.

Welche wirtschaftlichen oder technologischen Veränderungstreiber beeinflussen Ihrer Meinung nach aktuell die Unternehmen in unserer Region am stärksten?
Aktuell gibt es eine Vielzahl von Veränderungen, die Unternehmen in unserer Region maßgeblich beeinflussen. Zunächst sind globale Unsicherheiten ein wesentlicher Faktor, der sich negativ auf die Investitionsbereitschaft auswirkt. Unternehmen zögern, in neue Projekte oder Technologien zu investieren, da die geopolitische und wirtschaftliche Lage in vielen Teilen der Welt unvorhersehbar ist. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie politische Entscheidungen spielen eine zentrale Rolle. Diese sollten stärker als Impulsgeber für Wachstum und Innovation fungieren. Leider wird dieser Impuls derzeit nicht ausreichend gesetzt, was zu einem Zurückhalten von Investitionen führt. Ein weiterer wichtiger Treiber ist die rasante Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). KI verändert Geschäftsmodelle grundlegend und eröffnet neue Chancen, birgt aber gleichzeitig Herausforderungen – neben Geschäftsmodellfragen auch in Bezug auf Datenschutz und ethische Fragen. Ein großes Problem für viele Unternehmen bleibt der Fachkräftemangel. Der Wettbewerb um qualifiziertes Personal ist intensiv, und die Suche nach geeigneten Fachkräften gestaltet sich zunehmend schwierig. Ohne die nötigen Talente jedoch droht die Innovationskraft vieler Unternehmen ins Stocken zu geraten. Besonders stark betroffen ist die Automobilindustrie, die sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess befindet. Es stellt sich die Frage, wohin sich diese Branche entwickeln wird – hin zu mehr Elektromobilität, autonomem Fahren oder gar zu einer neuen Mobilitätsform? Diese Unsicherheiten führen zu weiteren Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Anpassung der Wertschöpfungsketten. Hinzu kommt die Tendenz zur Verlagerung von Wertschöpfung ins Ausland, oft aufgrund einer als zu hoch empfundenen Bürokratie. Die überbordende Bürokratie und Regelungswut wird von vielen Unternehmen als hinderlich wahrgenommen, ja sie wird als ein Misstrauen gegenüber dem Unternehmertum generell empfunden. Es ist wichtig, den Unternehmern wieder Gestaltungsspielräume zu geben und ihnen zu vertrauen! Damit kann der Mittelstand gestärkt werden, um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.

In welchen Branchen sehen Sie den größten Veränderungsdruck, und warum?
Der Veränderungsdruck ist in vielen Branchen deutlich spürbar. An erster Stelle steht die gerade angesprochene Automobilindustrie, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet. Der Übergang vom Verbrennungsmotor hin zu Elektroantrieben stellt die Branche vor enorme Herausforderungen. Hersteller müssen ihre Produktion umstellen, in neue Technologien investieren und gleichzeitig mit einem veränderten Kundenverhalten sowie strenger werdenden Umweltauflagen umgehen. Auch die Energieversorgung steht unter starkem Veränderungsdruck. Hier spielt die Transformation hin zu nachhaltigen Energiequellen eine zentrale Rolle. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist notwendig, um langfristig die Energieversorgung zu sichern und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren. Gleichzeitig stellt sich die Frage der Versorgungssicherheit, insbesondere in Bezug auf die Infrastruktur. Neue Leitungen und Speichermöglichkeiten sind erforderlich, um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten und die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten zu verringern. Auf lokaler Ebene steht vor allem der innerstädtische Handel unter Druck. Ein Beispiel hierfür sind die Veränderungen bei Einkaufszentren, die zunehmend mit der Konkurrenz des Onlinehandels und einem veränderten Kaufverhalten der Verbraucher konfrontiert sind. Einzelhändler müssen sich anpassen und neue Konzepte entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre Kunden auch in Zukunft in die Städte zu locken. Dies gelingt nur, wenn in den Innenstädten wieder Orte mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen und die Menschen ein Einkaufserlebnis erfahren. Insgesamt sind diese beispielhaft genannten Branchen gezwungen, sich schnell an neue Gegebenheiten anzupassen, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.

Ab welchem Zeitpunkt sollten Unternehmen proaktiv das Gespräch mit Ihrer Bank suchen, um aufkommende Herausforderungen besser vorbereitet zu sein?
Unternehmen sollten idealerweise in jeder Phase ihrer Entwicklung mit ihrem Finanzpartner sprechen, um Entwicklungen positiv zu gestalten und auf kommende Herausforderungen optimal vorbereitet zu sein. Als Kreissparkasse Böblingen begleiten wir unsere Kunden kontinuierlich durch alle Lebensphasen ihres Unternehmens. Dabei beziehen wir auf Wunsch auch private Aspekte in unsere Beratung mit ein. Es ist wichtig, nicht erst in Krisenzeiten den Kontakt zu suchen, sondern regelmäßig im Austausch zu bleiben. Durch ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis können wir gemeinsam Lösungen erarbeiten, insbesondere dann, wenn es eng wird oder größere Veränderungen und Investitionen anstehen. Eine frühzeitige und kontinuierliche Zusammenarbeit ermöglicht es uns, mögliche Herausforderungen rechtzeitig zu erkennen und individuelle Strategien zu entwickeln. Wir bieten unseren Kunden vor Ort langjährige Expertise in verschiedenen Bereichen, darunter auch in der Existenzgründungsberatung, dem Auslandsgeschäft und dem Generationenmanagement. Zudem haben wir ein spezialisiertes Heilberufe-Center, das sich gezielt um die Bedürfnisse von Ärzten und gesundheitlichen Fachkräften kümmert. Insgesamt sind wir in nahezu allen Branchen aktiv und stellen sicher, dass unsere Kunden jederzeit bestens betreut und auf alle Eventualitäten vorbereitet sind.

Wie kann Ihre Bank Unternehmen konkret unterstützen, wenn sie vor großen Transformationsprozessen stehen?
Wir als Kreissparkasse unterstützen Unternehmen umfassend, wenn sie vor großen Transformationsprozessen stehen, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit, der eine immer größere Rolle spielt. Dabei geht es nicht nur um Kosten- und Prozessoptimierungen, sondern auch um die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Diesen Wandel begleiten wir mit einer sicheren Kreditversorgung und einer hochwertigen Beratung, die Unternehmen hilft, die nötigen Schritte effizient und nachhaltig umzusetzen. Unser Beratungsansatz konzentriert sich auf drei zentrale Bereiche. Erstens bieten wir ein umfassendes Beratungsangebot, das alle Aspekte der Finanzierung abdeckt. Dabei prüfen wir auch, ob öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen werden können. Zudem analysieren wir, welche Versicherungen für den Transformationsprozess sinnvoll und notwendig sind. Zweitens stellen wir unseren Kunden ein spezialisiertes Berater-Team zur Verfügung, das durch regelmäßige Schulungen stets auf dem neuesten Stand in Bezug auf energetische Sanierungsmaßnahmen ist. Dadurch können wir Unternehmen gezielt und fundiert bei ihren Projekten unterstützen. Drittens profitieren unsere Kunden von unserem engen Netzwerk, das wir als Kreissparkasse mit namhaften lokalen Partnern, wie der Energieagentur, pflegen. Zudem organisieren wir Veranstaltungen wie den energetischen Bürgerdialog oder das Forum Nachhaltigkeit, bei denen wichtige Themen rund um Energieeffizienz und Nachhaltigkeit diskutiert werden und so Wissen weitergegeben wird. Diese Vernetzung und unser breit aufgestelltes Angebot helfen dabei, dass Unternehmen bestmöglich durch ihre Transformationsprozesse begleitet werden.

Welche wirtschaftlichen oder finanziellen Trends sehen Sie auf uns zukommen, die für Unternehmen von besonderer Bedeutung sein werden?
Die Neudefinition der globalen Arbeitsverteilung. Protektionistische Tendenzen in den USA und China führen dazu, dass immer mehr Wertschöpfung regional statt global erfolgt. Für Deutschland, dessen Wirtschaftsmodell stark auf globalen Handel und internationale Verflechtungen ausgerichtet ist, stellt dies eine große Herausforderung dar. Es besteht die Gefahr, dass Deutschlands Position in der globalen Wirtschaft dadurch geschwächt wird. Zudem lässt sich beobachten, dass der Mut, Risiken einzugehen, in vielen Bereichen schwindet. Unternehmen agieren zunehmend vorsichtiger, was Innovationen und Investitionen hemmen könnte. Dies könnte langfristig zu einem Wettbewerbsnachteil führen, insbesondere in dynamischen Märkten, in denen Risikobereitschaft und schnelles Handeln gefragt sind. Parallel dazu gewinnt die Digitalisierung weiter an Bedeutung. Digitale Technologien werden nicht nur die Effizienz von Geschäftsprozessen steigern, sondern auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Unternehmen müssen sich kontinuierlich an die rasanten technologischen Entwicklungen anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Chancen der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Diese Trends verdeutlichen, dass Unternehmen in einer sich rasch verändernden Welt flexibel und anpassungsfähig bleiben müssen, um erfolgreich zu sein.

Wie gut sind Unternehmen in unserer Region Ihrer Meinung nach auf die bevorstehenden Transformationsprozesse vorbereitet?
Der Transformationsprozess stellt die Unternehmen in unserer Region vor eine enorme Herausforderung. Es ist eine wahre Mammutaufgabe, die Unternehmer aktiv gestalten müssen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Leider erleben wir derzeit noch zu wenig strategische Auseinandersetzung mit den veränderten Rahmenbedingungen. Viele Unternehmen zögern, die nötigen Schritte zu ergreifen, um sich auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten. Dabei gibt es in unserer Region zahlreiche herausragende Unternehmerpersönlichkeiten, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie strategisch klug und erfolgreich agieren können. Diese Expertise und das Potenzial müssen nun genutzt werden, um die anstehenden Transformationsprozesse mutig und zukunftsorientiert anzugehen.

Wie wichtig ist das Thema Risikomanagement in Zeiten des Wandels, und wie können Unternehmen ihre Risiken effektiv minimieren?
Erfolgreiche Unternehmer wissen seit jeher, dass es entscheidend ist, operationelle, rechtliche und prozessuale Risiken zu erfassen, zu bewerten und entsprechend danach zu handeln. Durch die zunehmenden globalen Unsicherheiten und die komplexen Herausforderungen unserer Zeit hat die Bedeutung eines effektiven Risikomanagements noch einmal deutlich zugenommen. Es wird immer wichtiger, vorausschauend zu agieren und die eigenen Geschäftsprozesse kontinuierlich weiterzuentwickeln, um auf mögliche Risiken vorbereitet zu sein. Besonders im Bereich der Sicherheit spielt das Risikomanagement eine entscheidende Rolle. Themen wie Datensicherheit und der Schutz vor Hackerangriffen sind heute unerlässlich, da digitale Bedrohungen stetig zunehmen und erhebliche Schäden verursachen können. Ein wirksames Risikomanagement folgt einem klar strukturierten Zyklus. Zunächst müssen die Risiken identifiziert, anschließend bewertet und schließlich genau geprüft werden. Das Ziel dieses Prozesses ist es, Risiken bewusst einzugehen und sie im Rahmen einer strategischen Planung „bepreisen“ zu können. So können Unternehmen nicht nur potenzielle Gefahren minimieren, sondern auch gezielt Chancen nutzen, die mit einem kalkulierten Risiko verbunden sind. Diese Chancen sind der Schlüssel, sich weiterzuentwickeln und mit Innovationskraft mutig in die Zukunft zu gehen.