Fast unser ganzes Berufsleben verbrachten mein Mann und ich in Unternehmensberatungen bzw. mein Mann überwiegend als selbständiger Berater. Kennen gelernt haben wir uns auch 2007 in einer Unternehmensberatung. Dort arbeiteten wir gemeinsam bis 2010. Wir hatten so die Möglichkeit viele verschiedene Unternehmen und auch methodische Ansätze kennenzulernen. 2010 wandelte mein Mann seine nebenberufliche Tätigkeit als selbständiger Berater in eine Vollzeittätigkeit um. Man könnte auch sagen, er machte sein Hobby zum Beruf. Er ist ein Berater aus Leidenschaft und mit Herz und Seele setzt er sich dafür ein, Menschen und Organisationen zu verbessern. Zeitgleich wechselte ich zu einer anderen, wesentlichen größeren Unternehmensberatung, da ich noch etwas Konzernluft schnuppern wollte.2013 nach der Geburt unserer ersten Tochter beschlossen wir unsere Kräfte zu bündeln und gemeinsam uns dem Thema zu widmen, wie neue Methoden nachhaltig in einem Unternehmen etabliert werden können.

In der klassischen Unternehmensberatung ist es üblich neue Methoden und Werkzeuge z. B. für die Prozessoptimierung in Form von mehrtägigen Workshops oder Trainings einzuführen. Die Trainingsinhalte werden im Alltagsstress schnell wieder vergessen und nur ein geringer Teil der neu erlernten Themen werden langfristig und wirksam in die Praxis transferiert. Wenn wir unsere Arbeit als Unternehmensberater kritisch betrachten und merken, dass nur ca. 20 % von den vermittelten Inhalten wirklich in der Unternehmenspraxis ankommen, dann läuft etwas schief.

Wir haben uns daher lange darüber Gedanken gemacht, wie schaffen wir es, dass Belegschaften nicht wieder in alte Routinen zurückfallen, sobald wir nicht mehr da sind. Es war ein spannender und lehrereicher Prozess der 2013 begann.Die Problematik besteht in unserer Präsenz. Unbewusst überträgt die Belegschaft Verantwortung für den Umsetzungserfolg an uns. Dafür bekamen wir auch einen entsprechend hohen Tagessatz. Auf den ersten Blick also ein fairer Handel. Jedoch führt dies dazu, dass Themen erst erledigt werden, wenn der nächste Termin ansteht. Der Druck etwas zu verändern, kommt von außen und nicht durch die Einsicht und Erkenntnis, dass Verbesserungen den eigenen Alltag erleichtern. So entstand die Idee Methoden und Anleitungen zur Unternehmensentwicklung über eine Plattform zur Verfügung zu stellen und Unternehmen digital Schritt für Schritt durch den Veränderungsprozess zu begleiten. Ohne unsere Anwesenheit als Berater. Ziel war es die hochwertigen Methoden und Werkzeuge aus der Unternehmensberatung in sehr kleinen Einheiten zur Verfügung zu stellen. Quasi „leicht verdaubar“ im Tagesgeschäft. 2014 gründeten wir die w.OE KG und stellten unsere ersten zwei Mitarbeiter ein. Sukzessiv erprobten wir dann, die persönliche Präsenz durch eine digitale Plattform zu ersetzten. Die ersten Tests führten wir mit einer Fremdplattform durch, bis wir dann schließlich begannen, eine eigene Software zu entwickeln. Die Erkenntnis war schnell klar: Die Umsetzung durch die eigenen Mitarbeiter ging langsamer vonstatten als durch Beratungsprojekte. Jedoch waren die Umsetzungen durch die Mitarbeiter tiefer und nachhaltiger in der Unternehmenskultur verankert. Der Weg war also klar: Die Plattform musste monatliche Festpreise anbieten, damit sich im Unternehmen diese Zeit genommen werden kann. So haben wir also zwei Dinge aus der klassischen Beratungsarbeit eliminiert: Den persönlich anwesenden Berater und den hohen Tagessatz. Denn der hohe Tagessatz ist der eigentliche Hinderungsgrund für die nachhaltige Wirksamkeit von Unternehmensberatern. Durch dieses Bezahlmodell werden Kunden dazu animiert nur projektbezogene Aufträge zu vergeben. Dies wiederspricht aber dem eigentlichen Bedürfnis der Unternehmen nach dauerhafter Begleitung und Umsetzungskontrolle.

Im Januar 2018 haben wir dann in die crossgo GmbH umfirmiert, da wir drei Investoren gewonnen haben. Da das Geld zum einen in die Weiterentwicklung der Software sowie in die Internationalisierung investiert wird, haben wir in diesem Zuge auch unseren Namen verändert. w.OE, das für wertschöpfende Organisationsentwicklung steht, ist im internationalen Kontext, dann doch etwas sperrig.  Das Unternehmertum bedeutet für uns viel Freiheit und Gestaltungsspielraum, aber genauso auch Verantwortung. Verantwortung für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter. Wir hatten in den letzten Jahren spannende Zeiten und viele Erlebnisse und Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen. Die Vielfältigkeit der Aufgaben, die mit einer Unternehmensgründung verbunden sind, macht unsere Arbeit sehr reizvoll. Natürlich gibt es auch immer schwierige und sehr anstrengende Zeiten, die einem auch mal die eine oder andere schlaflose Nacht bereiten. Aber den Beweis zu fahren, dass Unternehmensberater überflüssig sind, treibt uns jeden Tag von neuem an.

Geschäftsführer und Gründer der crossgo GmbH: Jörg Poersch, Judith Helmer